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Roland von Bohr (1899 – 1982)

64,95 

Vom Peter Bohr
ISBN13: 978-3-89783-742-3
Erscheinungsdatum: 01.02.2012
Seiten: 294

Inkl. 7% MwSt.

Trotz des eigenen Miterlebens gelingt es Peter von Bohr die Geschichte des Vater zwar einfühlsam, doch unsentimental zu umreißen. Die vier Hauptkapitel: „Wegstationen“, „Künstlerische Entwicklung“, Werkstatt und Auftrag“ sowie „Zeit und Leben“ folgen einem dramatischen Spannungsbogen. Das verführt den Leser mehr und mehr zum Weiterlesen und so taucht er unversehens ein in den Strom der beschriebenen Zeitläufte, in die vorzüglich abgebildeten und feinsinnig gedeuteten Werke aus Bildhauerei, Malerei und Grafik, in die Selbstzeugnisse Rolands, gipfelnd und das Buch abschließend: „Meine Figuren … befinden sich aber gegenwärtig im Depot, weil Platz für namhafte Dinge gebraucht wird. Ich habe mir in Anbetracht meiner langjährigen Wirksamkeit in solchem Sinne den Titel ‚Geheimbildhauer‘ verliehen – mehr kann ich kaum noch werden.“ Gleichsam im Vorbeigehen erfährt der Leser, wie Roland von Bohr die merkwürdigsten Lebensstationen durchstreift: Vom Geburtsort Wien noch als Kind nach St. Petersburg, vom refombewegten Ascona ins bierdimpflige München, nach Hallein, Salzburg und in die Schweiz, auftragssuchend von der Türkei nach Schweden, und immer wieder hin und her, von grotesken Anekdoten zu Freundschaften und erwiesener und eben auch versagter Anerkennung. Aus russischer Landidylle und Petersburger Noblesse zu reformbewegten Langhaar-Vegetariern im hakenkreuzgeschmückt-„gotischen“ Gewand, die dem jungen Mann 1914 wohl zu imponieren wissen, geht es über die Wandervögel zu den k.u.k. Soldaten und ins aufgewühlte Wien der 1920er. Weiter und immer weiter durch fast das ganze 20. Jahrhundert. Tiefgründig all die Einblicke in die Ateliers und Werkstätten seiner Lehrer „der alten Schule“: Anton Hanak in Wien und Joseph Wackerle, München, bei Prof. Pfaffenbichler an der Fachschule für Holzbearbeitung, Hallstatt und in der Werkstatt für religiöse Kunst des Hanakschülers Jakob Adlhart in Hallein, an dessen spektakulärem „Schreckenschristus“ für St. Peter in Salzburg er mitarbeiten durfte. Künstlerische Gewißheit und seine breite Ausbildung stützen Bohrs Treue zum Gegenständlichen, zum sakralen, aber auch gerne zum mythologischen Thema – selbst in späterer Zeit, als das gar nicht mehr modern war. Trotz lebenslänglicher Suche nach Form und Inhalt, nach Gestalt und Form, nach Werkzeug und Werkstoff. Im gleichen Sinn findet er schon früh zur lebenslangen Liebe zu seiner mitwirkenden Künstlergattin Eliza aus Arnstadt in Thüringen. Bei all dem lassen uns Peter von Bohr, die Kunstwerke und zeitgeschichtlich aufschlußreiche Fotografien zu Weggefährten werden – ein Panoptikum der Geschichte, Lebens- und Kunstentwicklung, das wohl seinesgleichen sucht. Und trotz allerlei Einblicke in das Leben der Bohrs fern aller Spießbürgerei niemals peinlich, eher heiter gestimmt. Herrlich die unverblümten Zitate zu den Erlebnissen des Künstlers mit deutschen Prachtexemplaren, Österreichern, Schweizern, Schweden, Russen und Juden. Bohr bleibt allen meist Fremder, läßt sich nicht nationalisieren. Sein Versuch, ausgerechnet in Küßnacht, der Stadt des Geßlerhutes, den österreichischen Buben zu geben, endet früh – in einem Steingewitter. Das belehrt. Der Bildhauer Bohr findet seine Gestalt vom Kleinen zum Großen, vom ornamental durchbrochenen „Gewurle“ einer an mittelalterliche Mystik erinnernden Schnitzkunst zur stillen, antiker Grabplastik folgenden Archaik. Im holzgeschnitzten Schachspiel von verblüffender Individualität bis zum letzten Bauern, Porzellan feinglatt perfektionierend, doch dann auch nur derb, dafür vielsagend verkürzte Materialität und Form der Großfigur in und an Architektur, an Autobahnen und im Brunnen. Die für Clemens Holzmeister erschaffenen Allegorien für das alte Salzburger Festspielhaus, der „Thukydides“ vor der Münchner Staatsbibliothek und der „Kundschafter-Brunnen“ vor St. Stephanus in Nymphenburg, der „Petrus“ für den Dom zu Lund, die reich figurierten Säulen der Rüschlikoner Bruderschafts-Kapelle sowie die markanten Köpfe von Karajan und Cosima Wagner seien als bekanntere Beispiele Bohrschen Kunstschaffens benannt. Nicht zu vergessen die so feurigen Pastelle aus München, duftige Aquarelle, umwerfende Porträtskizzen. Früchte eines Lebenswerkes, erschaffen nicht ohne Humor, aber manchmal auch mit Zweifel und in Verzweiflung. Peter von Bohrs Buch bietet von allem etwas und läßt uns so der Entwicklung seines Vaters und dessen überzeitlichem Stilempfinden folgen. Auch in den mehr oder minder stark vom jeweiligen Auftraggeber „mitgestalteten“ Werken. Konrad Fischer, Hochstadt am Main, www.konrad-fischer-info.de

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